Werwolf / Todschaumauge

Werwolf

Ich sah dich im Efeu, sah dich blutgemustert,

wie du da aus dem Walde krochst,

sah Blut am Weißdorn, sah der Eul Gepluster,

dort, an der Eiche Wurz,

das Loch.

Zart nur der Hauch,

am Kreuzweg im Nächteschaum,

weht Fee, weht Elf, brennt fein der Frühlingslauch,

Dämmergezücht wartet im Traum.

Dort am Waldrand, wo der Tag erzittert;

Zwielicht wie Tod den Boden tränkt,

harrte ich aus, erbittert, ja erbittert,

dort, wo die Blutspur deine Nase lenkt.

Schlief ich dort nur, fürs Jahr, du Mordnachtkönig,

schlief dort, wo du mir einst erschienst?

Verbannt schienst du, verdammt gewöhnlich,

nur Traumbruchschleier, tiefe Dämmerung.

Da dann ein Blick, ein Augenleuchten,

glüht zwischen derbem Farngestrüpp,

saugst du den Duft ein, ziehst du der feuchten

Nase Erkenntnis schnell zurück.

Verschwunden du im Tief des Tötens Dunkel,

Mensch dich in garstgem Dornbusch tritt,

ich verzeih dem Volk sein Geflunkel und Gemunkel

und folge dir im Walde Schritt um Schritt.

Und wenn du einst, in langen kalten Tagen,

in nachtroten Träumen, in Blutquellen heilest deine

Wunden,

schabst dein Fell an krummen Mordes Rinden,

dann sehe ich dich, seh dich im Tod gesunden.

Zwischen verzogenen und verzerrten Kiefern,

die einsam weit im Mondlicht gähnen,

in Jägernacht und schwarzem Schiefer,

ziehst deine Kreise du, Feind der Schakale,

Herr der Hyänen.

So tauchst du ein in todesträumenden Schimmer,

den deines Raubtiers Atem bringt in kalte Nacht,

hör´s Hasen Schrei, des Kinds Gewimmer,

im Blutrausch, der dich trunken macht.

O Werwolf, stark mordlüstern Tier,

beschwöre dich, mein König.

Blick in die Nacht, hautzarte Zier,

dein Pelz verschleiert, ein Blitz nur deine Zähne,

träum in die Nacht ich,

zu deiner blutgen Mähne,

jetzt bist du mein Geist in unersättlich Gier.

Hoch im Norden,

wo die Nacht scheint ewig,

bist du am Morden,

ausgebrochen aus dem Käfig,

der tags nur deine Wildheit zwang.

Nun ist es Blut,

getränkt der Zähne Zeilen,

Nachtlebens Wut,

ich werd noch kurz verweilen,

in diesem Traum, aus dem du krochst.

Du schattengleiches nächtiges Wesen.

Todschaumauge

Trinkst du noch Träume?

Weit dort im Tode grellt es bunt,

verzage nicht mein Kind, versäume,

trink Blut aus meinem schwarzen Mund.

Träum diese Zeilen, dem Tode abgerungen,

aus einem Bauwerk, einst so stolz,

so manche Festung harret, einst erzwungen,

im Glockenstein,

der schwarz

und schwer

sich matt im Dampflicht schimmert,

im Totenglanz, du fühlst es grau,

wo Totenlicht um Totenauge wimmert,

zieht Pfeil auf Pfeil sich zielgenau.

Vergiss dein Leben,

du vampirisch Wesen,

vergiss den Tod,

durch leere Häuser rinnt,

ein Rinnsal bloß, es heißt Vergeben,

im Dunkeln,

wo die Menschen sind.

Zerstörte Sterne,

kalt verglühte Bauten,

stehn in der Ferne,

Blitze, Wahrheitsgrauen,

verdecken Blicke,

verschließen die Gedärme.

Dort auf der Brücke,

gesoffne Wärme,

gebrannte Kälte,

Todesschaum.

Noch steht die Festung,

trotzig stumm im Meere,

verehrt in Fluten,

im Traum errungen einst.

Gemach mein Tod,

du wirst auf ewig bluten,

bis einst der Festung Wall

der guten,

der letzten Träume,

Ehrfurcht bringt.

Autor: Utz Anhalt

Anschrift: Ungerstraße 18 / 30451 Hannover

Kind auf der Schwelle

Ist´s Winter, weit verbrämte Schleifen

und kahle Bäume stehen schwarz?

Ein Traumbild wohl in ambraschwangren

Seifen,

hier ist nichts mehr, das war´s.

Sind diese Träume längst vergangen,

der Eifer meiner Jugend floss,

sind Zeltvorhänge matt verhangen,

verhangenes Loch, vergessner Schoß.

Nun ist es Zeit,

verschwunden die Gefährten,

die noch im Tode um uns ringt,

aus Leichen, Leibern,

längst verzehrten,

jetzt langsam dieser Traum versinkt.

So ist es Zeit

Zeit ist verronnen,

das Jahr enteilt,

verwelkt der Baum.

So ist es Zeit

Und nichts gewonnen,

ein Augenblick nur,

ach mein Kind.

Ein Kind saß auf der

Scherben Glätte,

sein Kopf, er schnauft,

ist abgetrennt,

die Kehle aufgeschlitzt,

dies fettte,

ein Kopf

am Tropf,

ein Ornament.

Das Leid verträumt, verblüht

auch die Genossen,

Zeit ist es nur,

der Tod,

ein Traum.

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Historiker, Dozent, Publizist